Inhalt anspringen

Stadt Coburg

Stadt Coburg

Statement der Coburger Ressourcenreferentin und Kämmerin Brigitte Flanderijn

Ein Statement der Coburger Kämmerin Brigitte Flanderijn zur Situation des städtischen Haushalts.

Stadthaus Coburg

"Die Stadt Coburg sieht sich derzeit mit vielen Großprojekten konfrontiert. Aktuell wird die Übernahme des Klinikums Coburg in kommunale Trägerschaft diskutiert. In einer Modellrechnung haben wir die finanziellen Auswirkungen einer Übernahme berechnet. Als Kämmerin möchte ich diese Auswirkungen transparent machen und in die öffentliche Diskussion geben.

Starten wir mit einem Blick auf die derzeitige Haushaltslage unserer Stadt. Schon die Haushaltsaufstellung 2024 – also jene für den laufenden Haushalt – war mit großen Anstrengungen verbunden. Die Stadt Coburg musste sich mit veränderten Rahmenbedingungen auseinandersetzen. Die stets prosperierende Wirtschaftskraft hat es der Stadt Coburg in den vergangenen Jahren erlaubt, sozusagen aus dem Vollen zu schöpfen und viele Leistungen nicht nur umfangreich, sondern auch über die Pflichtaufgaben einer Stadtverwaltung hinaus den Bürgerinnen und Bürgern anbieten zu können. 

Im Zuge der Haushaltsaufstellung für 2024 wurde schnell klar, dass die Stadt Coburg hier erstmals seit vielen Jahren anders agieren muss. Die Wirtschaftskraft wird nach dem damaligen und aktuellen Kenntnisstand auf einem hohen Niveau bleiben. Allerdings werden wir auf Einnahmenseite das Spitzenniveau von 2022 in den nächsten Jahren nicht annähernd erreichen. Gleichwohl stehen wir auch mit den künftigen Steuereinnahmen je Einwohnern auf Platz 1 aller kreisfreien Städte in Bayern. Unsere Stadt Coburg schlägt bei der Pro-Kopf-Steuerkraft jene der Landeshauptstadt München.

Kommen wir nun zu unserer Achillesferse – den Ausgaben. Die Ausgaben der Stadt Coburg kennen nur eine Richtung. Sie steigen seit Jahren kontinuierlich, zuletzt sogar signifikant, an. In 2024 bewegen sie sich auf dem allzeit höchsten Stand und übersteigen die Einnahmenseite deutlich. D.h. die Stadt Coburg gibt nach den aktuellen Planungen in 2024 mehr aus als sie einnimmt. Wenn wir uns das in Zahlen ansehen gibt die Stadt Coburg 18,5 Mio. € mehr aus als sie Einnahmen hat.

Hinzukommt dass das über viele Jahre hinweg aufgebaute Liquiditätspolster von rund 140,5 Mio. € in 2022 auf 55 Mio. € Ende 2024 schmelzen wird.

Da diese Zahlen das Ergebnis vieler Konsolidierungsrunden sind, ist klar, dass die Haushaltskonsolidierung in 2024 unumgänglich war. Die ursprünglichen Planungszahlen waren noch wesentlich dramatischer. Daher wurden in den genannten Konsolidierungsrunden jede Auszahlung sowie jedes Einnahmepotential kritisch auf den Prüfstand gestellt. Im Ergebnis konnten für den Haushaltszeitraum 2024 bis 2027 folgende Ansatzverbesserungen (durch Einsparungen und/oder durch Einnahmenerhöhungen) erzielt werden:

  • 2024: 9,5 Mio. €
  • 2025: 5,1 Mio. €
  • 2026: 4,4 Mio. €
  • 2027: 4,3 Mio. €

Die Konsolidierungsrunden stadtintern sowie gemeinsam mit den Stadträten haben gezeigt, welchen Kraftakt bereits diese Sparanstrengungen bedeuteten.

Gleichwohl waren diese Runden keine einmalige Angelegenheit; vielmehr stehen sie am Anfang eines langen Konsolidierungsprozesses, um die Stadtfinanzen nachhaltig und zukunftsfähig zu gestalten und nicht zu Lasten der künftigen Generationen den Haushalt zu belasten.

Um bei der Haushaltsplanung 2025 bereits von Beginn an einen realistischen Rahmen vorzugeben, welcher die finanziellen Möglichkeiten abbildet, wurde im Stadtrat am 20.06.2024 ein Eckwertebeschluss für den Haushaltszeitraum 2025-2028 gefasst. Dieser beinhaltet im Kern die folgenden Elemente (siehe auch Abbildung 1):

  • Investiver Eckwert: Begrenzung der Bruttoinvestitionen der nächsten 4 Jahre auf insgesamt 110 Mio. €.
  • Finanzierungsvorgabe: Begrenzung der maximalen Neuverschuldung auf 36,7 Mio. €.
  • Konsumtiver Eckwert: Ansatzverbesserungen von 3,3 Mio. € jährlich, entspricht 2,1 % der laufenden Auszahlungen
Inhalt des Eckwertebeschlusses für die Haushaltsplanung 2025 ohne finanzielle Belastungen der kommunalen Lösung

Diese Zahlen beinhalten etwaige finanzielle Belastungen der Übernahme des Klinikums nur zu einem geringen Teil.

Nicht in der bisherigen Planung berücksichtigt sind folgende Aspekte:

  • Liquiditätsbedarf für laufenden Betrieb in 2024 schwer zu beziffern, wir gehen für die Stadt von einem mittleren siebenstelligen Betrag aus
  • auszugleichende Defizite 2025-2030 von voraussichtlich insgesamt rund 50 Mio. € - städtischer Anteil rund 21,6 Mio. €
  • Eigenkapitalstärkung in 2025 i.H.v. 10 Mio. € städtischem Anteil

Bei Übernahme des Klinikums in kommunale Trägerschaft würden sich mit Blick auf den Eckwertebeschluss folgenden finanziellen Auswirkungen ergeben (siehe auch Abbildung 2):

  • Investiver Eckwert: Erhöhung der Bruttoinvestitionen der nächsten 4 Jahre von 110 Mio. € auf insgesamt 120 Mio. €.
  • Fremdfinanzierung : Erhöhung der notwendigen Neuverschuldung von insgesamt 18,4 Mio. € auf 24,9 Mio. € bereits in den nächsten zwei Jahren 2025 und 2026
  • Konsumtiver Eckwert: Erhöhung des notwendigen Konsolidierungsbedarfs von 3,3 Mio. € auf 9,0 Mio. € pro Jahr, das sind rund 5,8 % der laufenden Auszahlungen 
Abbildung 2: Angepasste Eckwerte für die Haushaltsplanung 2025 mit finanzieller Belastungen der kommunalen Lösung

Die Erfahrungen aus den Konsolidierungsrunden des vergangenen Jahres zeigen, wie viel Anstrengungen diese Einsparungen bedeutet haben. Erste Rückmeldungen aus der bereits angestoßene Einsparrunde für den Haushalt 2025 spiegeln wider, dass die Erreichung der beschlossenen Eckwerte mit für alle merklichen Einsparungen verbunden sein werden. 

Eine Übernahme des Klinikums in kommunale Trägerschaft würde etwa zu einer Verdreifachung des Konsolidierungsbedarfes führen. Dies würde für die Stadt Coburg bedeuten, dass jede freiwillige Leistung, also jede Leistung zu der die Stadt nicht aufgrund gesetzlicher Vorgaben verpflichtet ist, mehr als kritisch geprüft werden müsste. Für die Pflichtaufgaben müsste deren Umfang auf ein absolutes Mindestmaß zurückgeführt werden. 

Und schließlich müssten alle künftigen Investitionen – kleine wie große – nicht nur auf Dringlichkeit, sondern auch auf finanzielle Leistbarkeit überprüft werden. Die bevorstehenden Großprojekte, wie z.B. die Generalsanierung des Landestheaters oder Neubau des Aquaria, werden also mehr als eine Mammutaufgabe für die künftigen Haushalte darstellen und sich, so sie denn nach einer etwaigen Übernahme des Klinikums überhaupt leistbar sind, auf sämtliche andere Investitionen der Stadt deutlich auswirken, wie z.B. den Bau von Kinderbetreuungseinrichtungen, die Sanierung von Schulen, Instandhaltung der Infrastruktur, um nur einige zu nennen. Oder diese gar zurückdrängen.“