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Stadt Coburg

Kulturabteilung

Poesie als Brücke: Coburg ehrt Agi Mishol

Die israelische Lyrikerin Agi Mishol und ihre Übersetzerin Anne Birkenhauer wurden mit dem Coburger Rückert-Preis ausgezeichnet. Die Verleihung im Riesensaal der Ehrenburg feierte Poesie als Brücke zwischen Sprache, Geschichte und Gegenwart.

Aghi Mishol, Preisträgerin des Rückertpreises 2025 trägt sich ins Goldene Buch der Stadt ein.

Vielleicht ist es kein weltweit berühmter Preis – aber einer, der mit ganz viel Herz und Seele vergeben wird. So brachte es Coburgs 3. Bürgermeister und Kulturreferent Can Aydin gleich zu Beginn auf den Punkt. Am Freitagabend wurde der Coburger Rückert-Preis im Riesensaal der Ehrenburg an die israelische Lyrikerin Agi Mishol verliehen. Gemeinsam mit ihrer Übersetzerin Anne Birkenhauer wurde sie für ein Werk geehrt, das poetische Kraft mit politischer Klarheit und tiefem Menschlichkeitssinn verbindet. Im Rahmen der Preisverleihung trug sich Mishol gemeinsam mit Ihrer Übersetzerin Anne Birkenhauer in das Goldene Buch der Stadt Coburg ein.

Aydin erinnerte in seiner Begrüßung an Friedrich Rückert als einen „Brückenbauer zwischen den Kulturen“ und würdigte auch Oskar Ohler, den im März verstorbenen Initiator des Coburger Rückert-Preises. Rückert, so Aydin, habe mit seinen Übersetzungen aus über 40 Sprachen gezeigt, wie Dichtung Verbindungen schafft – über Zeiten und Grenzen hinweg.

Arabistin Prof. Dr. Claudia Ott, Vorsitzende der Jury, widmete ihren Vortrag der besonderen Beziehung Friedrich Rückerts zur hebräischen Sprache. Für Rückert, so Ott, war das Hebräische weit mehr als nur die Sprache der Bibel – es war eine Referenzsprache für viele jüngere semitische Sprachen und ein zentraler Bestandteil seiner dichterischen Welt. Besonders eindrucksvoll zeige sich dies in seiner Übersetzung von 70 hebräischen Psalmen, in denen er versuchte, die poetische Struktur des Originals nachzuahmen. Diese Übersetzungen sind bislang nur als Handschrift überliefert – ein Schatz, den es laut Ott in der Rückert-Forschung noch zu heben gilt.

Tali Konas, ebenfalls Mitglied der Jury, beleuchtete die Wiederbelebung des Hebräischen als Alltagssprache. Begriffe wie „Zeitung“ seien im 19. Jahrhundert aus dem Deutschen ins Neuhebräische übernommen worden – ein Zeichen für die enge Verflechtung der Sprachwelten. Heute, so Konas, sei Hebräisch eine der ältesten und zugleich jüngsten Sprachen der Welt.

Michael Guggenheimer zeichnete eine literarische Landkarte der Gegenwart und stellte vier Autorinnen und Autoren vor, die derzeit prägend für die hebräische Literatur sind: Neben Agi Mishol etwa David Grossman, Ayelet Gundar-Goshen und Dror Mishani.

Die Laudatio auf Agi Mishol hielt der Literaturwissenschaftler Ernest Wichner. Er stellte die Lyrikerin als eine Stimme vor, die mit wenigen Worten viel erzählt – oft mit leiser Ironie, immer aber mit einem klaren Blick auf das Leben. Gedichte wie „Verantwortung“, „Cool bleiben“ oder „Keine Verletzten“ seien Zeugnisse einer Haltung, die sich nicht scheut, das Absurde und das Schmerzhafte nebeneinanderstehen zu lassen. Mishol, so Wichner, sei eine „aufgeklärte Zeitgenossin, mit der kein Staat zu machen ist“ – und gerade deshalb eine wichtige literarische Stimme unserer Zeit.

Agi Mishol bedankte sich für die Auszeichnung – ihre Rede hielt sie auf Hebräisch, Anne Birkenhauer übersetzte sie ins Deutsche. Mishol sprach von der Dichtung als einem inneren Schutzraum, als Ort der Erinnerung, der Verbindung und des Gewissens. Besonders hob sie die Rolle ihrer Übersetzerin hervor: "Lyrikübersetzen ist eine großzügige Kunst", sagte sie – eine Kunst, die nicht nur technisches Können verlange, sondern vor allem die Bereitschaft, Platz in sich selbst zu schaffen für die Stimme eines anderen. Das Hebräische bezeichnete Mishol als eine „heilige Sprache“ – nicht im religiösen Sinn, sondern wegen ihrer poetischen Struktur, ihrer sprachlichen Wurzeln und ihres jahrtausendealten Wissens. Diese Sprache, so Mishol, begleite sie als literarisches Zuhause seit ihrer Kindheit.

Der Preis ist mit insgesamt 10.000 Euro dotiert. Seit 2022 wird der Coburger Rückert-Preis stets doppelt vergeben – an eine Autorin oder einen Autor und an die jeweilige Übersetzerin oder den Übersetzer. Damit würdigt die Stadt Coburg nicht nur das literarische Werk, sondern auch die Kunst der Übertragung, die gerade bei Lyrik ein hohes Maß an Feingefühl verlangt.

Agi Mishol erhielt ein Preisgeld von 7500 Euro, Anne Birkenhauer 2500 Euro. Ermöglicht wird die Auszeichnung durch die Niederfüllbacher Stiftung, die das Preisgeld stiftet. Überreicht wurde der Preis im Rahmen des Festakts von Coburgs 2. Bürgermeister Hans-Herbert Hartangleichzeitig der stellvertretende Vorsitzende der Niederfüllbacher Stiftung. Organisiert wurde der Festakt von der Kulturabteilung der Stadt Coburg.

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  • Stadt Coburg/Constantin Hirsch
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