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Stadt Coburg

Weichengereuth

Fairer Kompromiss mit breiter Zustimmung

Das Vermittlungsverfahren zum Verkehr im Coburger Süden ist abgeschlossen. Ergebnis ist ein Gesamtpaket mit Verbesserungen für Schiene, Straße und Radverkehr. Für die Umsetzung werden sich nun alle Beteiligten bei Freistaat und Bund einsetzen.

OB Dominik Sauerteig begrüßt den Kompromiss zum Verkehr im Coburger Süden.

2016 hat sich der Coburger Stadtrat für den Ausbau der B4 am Weichengereuth ausgesprochen – unter der Bedingung, dass die bebauten Hangbereiche vor einem baulichen Eingriff verschont bleiben. Es sollte keine neue „Stadtautobahn“ entstehen, der alte Baumbestand sollte erhalten bleiben.

Im Mai 2020 hat der Stadtrat deshalb die damals vorgelegte Voruntersuchung zum Ausbau abgelehnt. Die Trasse für die Straße war nach Ansicht der Mehrheit zu breit geplant, die Eingriffe in Grundstücke und Vegetation wären zu groß gewesen. Seitdem ruht die Planung.

Vermittlungsverfahren mit breiter Beteiligung

Um neue Bewegung in die festgefahrene Debatte zu bekommen, hat die Regierung von Oberfranken Anfang dieses Jahres ein Vermittlungsverfahren angestoßen: Die Beratungs-Agentur Blaupuls wurde beauftragt, mit allen Beteiligten einen Kompromiss auszuloten. Neben dem Coburger Oberbürgermeister wurden die fünf Coburger Stadtrats-Fraktionen, der Coburger Landrat, der Ahorner Bürgermeister, Landtags- und Bundestagsabgeordnete, die IHK zu Coburg, die drei größten Coburger Unternehmen – HUK, Kaeser und Brose – sowie Vertreterinnen und Vertreter der Anwohner in das Verfahren einbezogen.

„In einer ersten Beratungsrunde im Februar trafen wir auf sehr unterschiedliche Vorstellungen“, erzählt Holger Reise von der Agentur Blaupuls. „Aber deutlich wurde auch große Offenheit bei allen Beteiligten und die Bereitschaft, den Stillstand zu überwinden. Vereinbart wurde, die Beratungen vertraulich zu führen und erst zum Abschluss an die Öffentlichkeit zu gehen.“

Reduzierter Platzbedarf und Geschwindigkeitsbeschränkung

„Im Vermittlungsverfahren wurde der Fokus nicht auf die Anzahl der Fahrspuren der B4 gelegt, sondern auf den Platzbedarf der Maßnahme“, erklärt Reise. Es ging also um die Frage: Wie breit darf die Straße samt Fuß- und Fahrradweg werden, wenn Eingriffe in die Grundstücke im nördlichen Teil des Weichengereuths vermieden werden sollen? Das Ergebnis: ein Querschnitt von maximal 17 Meter außerhalb der Einmündungen. In den Planungen von 2019 war dagegen noch eine Breite von über 20 Metern vorgesehen.

Der geringere Platzbedarf soll vor allem durch zwei Veränderungen reduziert werden: Die B4 wird ohne bauliche Mitteltrennung (also ohne Leitplanke) zwischen den Fahrtrichtungen gebaut. Und der separate Fahrradweg wird nicht direkt an der B4, sondern entlang der Itz geführt.

Auf der Breite von 17 Metern lassen sich so vier Fahrspuren sowie ein gemeinsamer Fuß- und Fahrradweg mit 2,5 Metern Breite plus einem Sicherheitsabstand zur Straße unterbringen. Fester Bestandteil des Kompromisses ist auch eine dauerhafte Geschwindigkeitsbegrenzung auf 50 km/h.

Bahnstrecke soll 2-gleisig werden

Ein weiteres Ergebnis des Vermittlungsverfahrens: „Der Ausbau der B4 ist Teil eines Gesamtpakets für die Entwicklung der Verkehrs-Infrastruktur im Coburger Süden“, sagt Reise. Ein zentrales Element ist dabei der Ausbau der Bahn, die heute nur ein durchgehendes Gleis zur Verfügung hat. Die Folge sind unnötige Verspätungen im Nah- und Fernverkehr, regelmäßig müssen Züge an den Engstellen warten. Zumindest südlich des Bahnhofs soll sich das ändern: Hier soll ein zweites durchgehendes Gleis geschaffen werden. Mittelfristig wird dadurch auch die Einrichtung eines zusätzlichen Nahverkehrs-Halts im Coburger Süden möglich.

Nach dem Kompromiss müssen nun neue Gespräche mit der Bahn geführt werden. Um den Ausbau der B4 zu ermöglichen, muss die Bahn das aktuell für den Verkehr genutzte westlichste Gleis abgeben. Die zukünftig zwei durchgehenden Gleise sollen dann entsprechend weiter im Osten verlaufen.

Neue Südzufahrt mit Vollanschluss

Wie viele Brückenbauten in Deutschland geht auch die Coburger Südzufahrt dem Ende ihrer Lebensdauer entgegen und muss im nächsten Jahrzehnt ersetzt werden. Die Baulast für die Brücke liegt bisher bei der Stadt Coburg, ein Ersatzbau müsste vollständig aus der Stadtkasse bezahlt werden. Bei einem reinen Ersatzbau bliebe außerdem eine zentrale Schwäche des Bauwerks bestehen: Der fehlende Anschluss der Bamberger Straße an die B4 nach Norden und umgekehrt.

Mit dem Verkehrskompromiss sollen nun beide Probleme auf einmal gelöst werden. Die Südzufahrt soll durch einen Neubau mit Vollanschluss ersetzt werden – also mit einem zusätzlichen Arm, der Bamberger Straße und die B4 am Weichengereuth in beide Richtungen verbindet. Und das neue Bauwerk soll aus Bundesmitteln finanziert und auch dauerhaft vom Bund unterhalten werden.

Radbrücke über Bundesstraße und Bahn

Einigkeit bestand im Vermittlungsverfahren darüber, dass die zentrale Nord-Süd-Verbindung für den Radverkehr nicht an der B4 verlaufen sollte. Ein Radweg entlang der Itz wäre wesentlich attraktiver. An diesen Radweg sollen aber auch die Stadtteile westlich von B4 und Bahn angebunden werden. Teil des Kompromisses ist deshalb der Bau einer Rad- und Fußgängerbrücke am Weichengereuth.

Für Radbrücken gibt es auf Bundesebene ein Förderprogramm, über das bis zu 75 Prozent der Maßnahme finanziert werden können. Die Stadt selbst müsste dann nur noch ein Viertel der Kosten tragen. Der Kompromiss macht nun den Weg frei, diese Chance zu nutzen.

Breite Mehrheit für den Kompromiss

Für den ausgehandelten Kompromiss zeichnet sich eine breite Mehrheit im Stadtrat ab. Die Fraktionen von SPD, CSU, Grünen, Pro Coburg und CSB unterstützen die Einigung.

Ausdrücklich unterstützt wird die Einigung auch vom Landrat des Landkreises Coburg, dem Bürgermeister der Gemeinde Ahorn sowie der IHK zu Coburg. Schließlich haben die Bundestags- und Landtagsabgeordneten von CSU und SPD ihre Unterstützung zugesagt. Ihr Einsatz wird entscheidend für die Umsetzung der vereinbarten Projekte auf Bundes- und Landesebene sein.

„Diese breite Mehrheit konnte erreicht werden, obwohl die Vorstellungen der Fraktionen und Abgeordneten zu Beginn des Vermittlungsverfahrens noch sehr weit auseinander die lagen“, sagt Mediator Reise. „Um den Kompromiss zu ermöglichen, sind alle Beteiligten große Schritte aufeinander zugegangen.“

Interessen der Anwohnenden einbezogen

Auch eine Gruppe von Anwohnenden war in das Vermittlungsverfahren einbezogen. Ein großes Anliegen war hier die Verhinderungen von Eingriffen in Grundstücke und Vegetation des Weichengereuths. Dazu kamen Befürchtungen über mehr Verkehrslärm, auch durch höhere Geschwindigkeiten auf der ausgebauten Bundesstraße.

Für die Anwohnenden ist vor allem wichtig, dass die Planungen von 2019 nun vom Tisch sind. Und dass der Ausbau der B4 Eingriffe in die Hanggrundstücke sowie eine starke Versiegelung vermeidet. „Hier konnten wir den Anwohnern entgegenkommen“, teilt Mediator Reise mit. „Auch die dauerhafte Begrenzung und Überwachung der Geschwindigkeit nimmt die Anliegen der Betroffenen auf.“

Viele Details noch zu klären

Im Vermittlungsverfahren konnten zwangsläufig nicht alle Detailfragen geklärt werden. Zu den offenen Fragen gehört zum Beispiel, wie die Einmündungen an der B4 gestaltet werden sollen. An welchen Stellen soll Linksabbiegen möglich sein? Welche Aufweitungen der Straße sind dafür notwendig? Wo sind Ampeln erforderlich?

Im Zuge der neuen Voruntersuchung für den Ausbau der B4 sollen deshalb unterschiedliche Varianten für die Verkehrsführung entwickelt werden. Der Stadtrat kann dann in einem weiteren Schritt darüber beraten. Im Verfahren wurde aber bereits deutlich, dass bei einem Ausbau wohl mindestens eine intelligent gesteuerte Ampel an der B4 am Ahorner Berg notwendig ist.

Wie es jetzt weitergeht

Große Verkehrsprojekte werden nicht von heute auf morgen umgesetzt, das gilt auch für die Maßnahmen im Coburger Verkehrskompromiss. Damit alle Elemente Realität werden, müssen Stadt, Land und Bund in den nächsten Jahren eine Menge Arbeit leisten. Dafür macht die Einigung den Weg frei.

In einer seiner nächsten Sitzungen wird der Stadtrat den Kompromiss beraten und darüber Beschluss fassen. Eine Machbarkeitsstudie für den Vollanschluss der Südzufahrt wurde bereits von der Stadt in Auftrag gegeben. Die Finanzierungsgespräche mit der Bundesregierung müssen aufgenommen werden, ebenso wie die Gespräche mit der Bahn. Für die B4 können die Planungen mit neuen Vorgaben wieder begonnen werden. Wir werden über die Fortschritte weiter berichten.

Oberbürgermeister Dominik Sauerteig zum Kompromiss

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Bildnachweise

  • Stadt Coburg/Louay Yassin
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