Der Coburger Stadtrat hat in seiner Sitzung am 23.10.2025 den Haushaltsplan der Stadt Coburg für das Jahr 2026 beschlossen. Es ist ein Zahlenwerk entstanden, welches die vielfältigen Aufgaben und Leistungen der Stadt abbildet. Diese Aufgabenfülle will finanziert werden. Die Stadt Coburg steht damit nicht allein da, sind doch die Aufgaben der kreisfreien Städte bayernweit vergleichbar.
Dabei haben wir in Coburg noch eine komfortable Ausgangslage: Die letzte Kreditaufnahme stammt aus dem Jahr 2015, der Schuldenstand pro Einwohner beträgt derzeit rund 130 €, Coburg belegt Platz 1 im Ranking der Steuerkraft aller bayerischen kreisfreien Städte.
Und dennoch: Auch in Coburg zeichnet sich seit 2020 eine deutlich steigende Ausgabenentwicklung ab. Allein in den Jahren 2020 bis 2024 sind die Pro-Kopf-Auszahlungen in Coburg um 34% auf ein Rekordniveau von 4.802 € je Einwohner gestiegen. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Energie- und Baupreisentwicklungen, Tarifsteigerungen, stetig steigende Sozialtransferzahlungen, steigende Umlagebelastungen sowie zusätzliche Aufgaben, die der Gesetzgeber den Kommunen ohne adäquaten Finanzierungsausgleich überträgt. Auch Coburg muss sich trotz einer insgesamt noch guten Finanzlage mit Begrifflichkeiten wie „Sparhaushalt“ und „Konsolidierung“ befassen und entsprechende Einsparpotenziale identifizieren.
Dabei führen immer neue Regelungen oder Leistungen durch den Gesetzgeber zu weiteren Belastungen in den kommunalen Haushalten, deren Finanzierung größtenteils ebenfalls zu einer kommunalen Mammutaufgabe wird. Die Finanzausgleichssysteme, die hierfür vorgesehen sind, greifen für die Stadt Coburg nur in Einzelfällen. Wird für den Ausgleich neben den Einwohnerzahlen die Steuerkraft zugrunde gelegt – wie es bei einer Vielzahl der Investitionen und auch für die Verteilung des durch die Bundesregierung vorgesehenen Sondervermögens Infrastruktur vorgesehen ist – erhält die Stadt Coburg im Vergleich zu den meisten anderen kreisfreien Städten Bayerns nur sehr geringe Ausgleichszahlungen. Schlüsselzuweisungen, Stabilisierungshilfen oder Bedarfszuweisungen entfallen für die Stadt Coburg komplett.
Für die Stadt Coburg ergibt sich zusätzlich die Besonderheit der Funktion als Oberzentrum. Viele Leistungen der Daseinsvorsorge, deren Wirkung weit über die Stadt- und auch die Landkreisgrenze hinausgeht, werden häufig größtenteils durch die Stadt finanziert. Selbst dort, wo der Wille des Landkreises zu mehr Unterstützung vorhanden ist, lässt die dortige finanzielle Schieflage keine intensivere finanzielle Beteiligung zu.
Die Stadt Coburg ist derzeit noch in der Lage, diese strukturellen Veränderungen durch die noch vorhandenen Rücklagen auszugleichen. Diese schmelzen jedoch in einem rasanten Tempo und eine Kehrtwende ist nicht in Sicht. Nachdem innerhalb von zwei Jahren bereits über 30 Prozent der mühsam aufgebauten liquiden Reserven verbraucht wurden, werden diese laut aktuellem Plan bis 2026 vollständig aufgebraucht sein. Ab 2027 stehen Kreditaufnahmen in bisher nicht dagewesener Höhe im Raum. Zudem prognostiziert das 10-Jahres-Szenario über den aktuellen Planungszeitraum hinaus einen massiven Fehlbedarf an Finanzierungsmitteln für die Jahre bis 2035.
Nachdem die Haushalte der Stadt Coburg nun viele Jahre bis 2023 keiner Genehmigungspflicht unterlagen, sind wir aufgrund vorgesehener Kreditaufnahmen im Planungszeitraum bis 2029 auf die Genehmigung der Regierung von Oberfranken angewiesen. Dies sollte für den Haushalt 2026 noch kein Problem darstellen – die dauernde Leistungsfähigkeit kann zumindest noch für den Zeitraum des verabschiedeten Haushalts 2026-2029 sichergestellt werden. Gespannt darf man jedoch auch in Coburg auf die kommenden Jahre sein – es bedarf Lösungen für die von Bund und Land auf die kommunale Ebene verlagerte Aufgabenfülle!
Appell
„Uns steht das Wasser bis zum Hals“ – Bayerns Kommunen in akuter Finanznot
Die finanzielle Situation unserer Städte und Gemeinden spitzt sich dramatisch zu, worauf der Bayerische Städtetag in einer seiner Pressemitteilungen („Städte und Gemeinden benötigen schnelle finanzielle Hilfe“ vom 20.10.2025) jüngst noch einmal hingewiesen hat. Die Ausgaben wachsen deutlich schneller als die Einnahmen: Steigende Personal- und Sozialkosten sowie Investitionen in Schulen, Kitas, öffentlichen Nahverkehr, Klimaschutz und Digitalisierung belasten die Haushalte massiv.
Zahlreiche Kommunen schieben eine „riesige Bugwelle“ von zusätzlich notwendigen Investitionen vor sich her.
Wir stellen fest: Wirtschaftsbooster, die ausschließlich von oben gedacht sind, entfalten keine Wirkung vor Ort. Die aktuelle positive Wachstumsprognose des AK Steuerschätzung muss sich erst noch bewahrheiten – die strukturelle Haushaltskrise der Kommunen bleibt vorerst Realität.
Daher fordern die bayerischen Kommunen gemeinsam vom Freistaat Bayern und vom Bund:
- Unverzügliche Sofortmaßnahmen im Finanzausgleich Bayern für das Jahr 2026, um die akute Not zu lindern.
- Größere Autonomie bei der Einnahmenerzielung, etwa durch einen erweiterten Gestaltungsspielraum beim Erheben kommunaler Aufwandssteuern und Gebühren.
- Strukturelle Finanzierungsreformen, die eine aufgabengerechte Finanzierung gewährleisten, insbesondere in den Bereichen Flüchtlings- und Integrationspolitik sowie Gesundheits- und Pflegevorsorge. Dazu gehört auch eine angemessene Erhöhung der kommunalen Steuerbeteiligung. Steuersenkungen dürfen nicht zulasten der Kommunen gehen.
- Eine Abkehr des Bayerischen Ministerpräsidenten von seiner Ankündigung, dass nur 60% des bayerischen Anteils am Infrastruktursondervermögen an die kommunale Ebene weitergegeben werden sollen. In den Städten und Gemeinden leben die Menschen – darum fordern wir, dass 70% des Anteils möglichst pauschal und ohne komplizierte Förderverfahren weitergegeben werden. Wir wissen, wo den Bürgerinnen und Bürgern der Schuh drückt.
Kommunen stehen vor der Gefahr, ihren gestalterischen Handlungsspielraum vollständig zu verlieren und zu reinen „Verwaltern des Mangels“ zu werden. Diese Entwicklung stellt eine ernste Bedrohung für unsere Demokratie dar – wenn gewählte Gemeinde- und Stadträte keine Lenkungsentscheidungen mehr treffen können, sondern sich ausschließlich mit Sparpaketen und Schuldenverwaltung beschäftigen.
Mit größter Kraftanstrengung halten sich Gemeinden und Kommunen aktuell über Wasser. Wir sind bereit, jetzt und in Zukunft Aufgabenkritik zu üben, bestehende Leistungen zu prüfen und effizienter zu gestalten.Allerdings sind die Grenzen der Leistungsfähigkeit erreicht: Uns geht langsam die Puste aus.
Wir appellieren eindringlich an Land und Bund, bei der Priorisierung ihrer Themen den Kommunen höchste Aufmerksamkeit zu schenken: Unterstützen Sie Kommunen und Gemeinden in ihrer kritischen Finanzsituation, um ihre Handlungsfähigkeit zu erhalten und so eine starke Demokratie sowie eine lebenswerte Zukunft zu sichern.
Brigitte Flanderijn, Kämmerin der Stadt Coburg