„Endlich“, werden sich einige am 26. August gedacht haben, als die ersten Regenwolken seit langem über Coburg aufgezogen sind – außer man wollte zum Schlossplatz Open-Air. Fast 30 Liter pro Quadratmeter kamen auf einmal herunter – so viel wie bisher an keinem anderen Tag in diesem Jahr. „Fast zu viel des Guten, denn auch ein Starkregen bringt Probleme mit sich“, warnt der Coburger Klimaschutzmanager Michael Mosebach. Außerdem macht ein großer Regen noch lange keinen verregneten Sommer.
Hier ein kurzer Einschub zum besseren Verständnis. Wieviel es gestern oder heute regnet, wie stark der Wind bläst oder wie heiß es wird, nennt man Wetter. Hier sind schnelle und heftige Änderungen nichts Außergewöhnliches. Im Gegensatz dazu gibt es das Klima. In der Klimaforschung wird dabei das Wetter über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren gemittelt, dargestellt als der Durchschnitt von Temperatur, Niederschlag, Anzahl von Starkregenereignissen, Hitze- oder Frosttagen usw. So werden Hitzesommer wie 2003, 2019 oder auch 2022 mit kälteren Sommern wie 2021 verrechnet. Genauso wie im Verlauf eines Schuljahres sich Ausrutscher bei den Noten ausgleichen. Gleicht sich außergewöhnliches Wetter nicht mehr aus, ändert sich der Durchschnitt und damit das Klima. Genau das stellen wir fest, wenn wir mehrere dieser 30 Jahre-Abschnitte vergleichen. Es wird insgesamt wärmer, es gibt mehr Tage mit hohen Temperaturen und mehr Starkregenereignisse.
Vergleichen wir den Sommer 2022 jetzt mit diesen langfristigen Mittelwerten, können wir sagen, ob er in einigen Bereichen extremer ausgefallen ist. Das ist er. Alleine am 26. August fiel ein Viertel der gesamten Niederschlagsmenge des Sommers (meteorologisch 1. Juni – 31. August). Die insgesamt 117,8 Liter/m² waren trotzdem viel zu wenig, um die Trockenheit im Boden auszugleichen. „Der Sommer 2022 folgt damit leider dem langfristigen Trend, im Vergleich mit den 30-jährigen Mittelwerten fehlt uns in diesem Sommer fast die Hälfte an Niederschlag“, fasst Michael Mosebach zusammen.
Von der Sonne hat Coburg im Gegenzug deutlich mehr abbekommen. 865,2 Sonnenstunden sind über ein Drittel mehr als in den Vergleichszeiträumen. „Mehr Sonne hört sich erstmal gar nicht so schlimm, sondern nach einem richtig schönen Sommer an. Mehr Sonne heißt aber auch immer öfter höhere Temperaturen und mehr unerträglich heiße Tage“, erklärt Michael Mosebach. Den Hitzerekord von 2019 hat Coburg am 20. Juli nur um ein halbes Grad verfehlt. „Aber 37,3 Grad sind auch schon eine Hausnummer. In diesem Jahr hatten wir außerdem schon 13 Tage mehr als 2019, an denen Temperaturen von über 25 Grad Celsius gemessen worden sind“, so Michael Mosebach. Die Durchschnittstemperatur lag in den drei Sommermonaten mit 19,8 Grad Celsius, ebenfalls deutlich über den langfristigen Mittelwerten (1961-90: +3,2°C; 1981-2010: +2,5°C; 1990-2020: +2,0°C).
Der Sommer 2022 habe damit den kühleren und feuchteren Sommer im vergangenen Jahr mehr als ausgeglichen. Der langfristige Trend zu deutlich heißeren Temperaturen und weniger Regen setze sich damit fort, lautet das Fazit von Klimaschutzmanager Michael Mosebach. „Wir dürfen daher nicht auf Ausrutscher nach unten hoffen, wir müssen uns an die Folgen des Klimawandels, die jetzt schon spürbar werden, anpassen. Genau dabei soll das Integrierte Stadtklimakonzept helfen. Das wir auch mit den Coburgerinnen und Coburger gemeinsam erarbeiten. Je mehr mitmachen, umso besser.“ Michael Mosebach freut sich über alle, die am Klimaspaziergang am kommenden Freitag (9.9. - 15 Uhr – Rathaus) und der Bürgerwerkstatt am folgenden Samstag (10.9. – 14 Uhr – Rathaussaal) teilnehmen und eigene Ideen einbringen. „Klimawandel geht uns alle an.“