* 02. September 1820
† 14. August 1904
Das 19. Jahrhundert war geprägt von zahlreichen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Umwälzungen. Es traten viele Philosophen, Gesellschaftstheoretiker und Politiker auf, welche die Welt nachhaltig verändern wollten. Zu diesem Kreis gehörte auch der Coburger Feodor Streit.
Streit kam am 2. September 1820 als Sohn eines Verwaltungsbeamten in Hildburghausen zur Welt, machte am Coburger Casimirianum Abitur und studierte von 1841 bis 1846 an den Universitäten Jena und Heidelberg Rechts- und Staatswissenschaften. Daneben beschäftigte er sich mit der Philosophie und den Naturwissenschaften. Schon in seiner Studienzeit setzte er sich intensiv mit dem Ursprung des Pauperismus, also der Verelendung großer Teile der Bevölkerung im Vorfeld der Industrialisierung auseinander und hatte die ersten Berührungspunkte mit dem politischen Liberalismus. Unter dem Einfluss von Gustav Struve, Karl Hagen und Karl Grün entwickelte er sich früh zu einem Demokraten und radikalen Sozialreformer. Dabei verfasste er erste politische Schriften.
Nach dem Ende seines Studiums kehrte Streit nach Coburg zurück und nahm eine Stelle als Jurist in einer herzoglichen Unterbehörde an. Diese kündigte er 1848, um sich für die in Deutschland ausgebrochene Revolution zu engagieren. Er gründete sogleich einen Demokratischen Bürgerverein und bekannte sich zur republikanischen Staatsform. In einem zweiten Schritt rief Streit zwei kurzlebige Zeitungen ins Leben, in denen er seine politische Meinung einer breiten Öffentlichkeit darlegte.
Im Zuge der Wiederherstellung der alten politischen Verhältnisse (Reaktion) nach der gescheiterten Revolution von 1848 musste Streit diese Zeitungen aufgeben. Er selbst verbüßte wegen seiner Artikel mehrfach Gefängnisstrafen. In dieser Zeit erhielt er die Unterstützung von Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha. Mit seiner Hilfe konnte Streit nach seiner endgültigen Freilassung (1852) als Rechtsanwalt tätig werden. Aus dieser Unterstützung heraus entwickelte sich zwischen beiden Männern, trotz der radikalen Überzeugungen Streits, ein gutes persönliches Verhältnis.
In der Freiheit angelangt, nahm Streit seine politische Tätigkeit wieder auf. 1857 wurde er in den Coburger Landtag gewählt, wo er u.a. für soziale Verbesserungen, die Pressefreiheit sowie für eine begrenzte politische Gleichstellung von Frauen und die föderale Vereinigung der deutschen Länder zu einem Bundesstaat stritt. Ernst II., der sich ebenfalls für die Gründung eines deutschen Nationalstaates einsetzte, nutzte das politische Talent Streits, um diese Vorstellungen zu verwirklichen. Gegen den Widerstand der konservativen Strömung innerhalb der Einheitsbewegung unterstützte der Herzog die Ernennung Streits zum Geschäftsführer des 1859 gegründeten Deutschen Nationalvereins. In dieser Tätigkeit bemühte er sich um eine Zusammenarbeit von Liberalen und Konservativen. Zudem organisierte er 1860 maßgeblich die erste Generalversammlung des Vereins in Coburg. In dieser Zeit stand Streit auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere. Er gehörte zu den wichtigsten Exponenten des deutschen Nationalismus und wurde einer der einflussreichsten Demokraten in Deutschland.
Auf der Suche nach mehr politischem Einfluss und weiterer Einnahmequellen wandte sich Streit wieder der Herausgabe von Zeitungen zu. Dabei engagierte er sich auch in der frühen Arbeiterbewegung und gründete 1863 die „Allgemeine Deutsche Arbeiter-Zeitung“, die erste ihrer Art auf deutschen Boden. 1862 hatte sich Streit bereits an der Gründung eines Arbeiter-Bildungsvereins in Coburg beteiligt. Sein Einsatz für die Arbeiterbewegung wurde vor allem von Ferdinand Lasalle, mit dem Streit in Briefkontakt stand, sehr begrüßt.
Als die demokratisch-föderalistische Partei innerhalb der deutschen Einigungsbewegung an Bedeutung verlor, sank Streits politischer Stern. Auch finanziell geriert der Jurist in größere Schwierigkeiten. Infolgedessen stellte er die Herausgabe seiner Zeitungen, darunter auch der „Allgemeinen Deutschen Arbeiter-Zeitung“ (1866) ein. Von seinem Amt als Geschäftsführer des Deutschen Nationalvereins trat er 1865 zurück. Zudem legte er 1867 sein Mandat im Coburger Landtag nieder. Schließlich wurde Streit zahlungsunfähig und daraufhin in Haft genommen. 1869 verurteilte ihn das Gericht wegen Veruntreuung zu zwei Jahren Gefängnis. Als er die Haft verließ, war die Deutsche Einigung unter preußisch-konservativer Führung vollzogen. An eine politische Änderung hin zu einem demokratischen Föderalismus war nicht mehr zu denken.
Sein restliches Leben verbrachte Streit als Rechtsanwalt in Coburg. Zu politischen Entwicklungen äußerte er sich nur noch selten. Weitgehend von der Politik vergessen starb er am 14. August 1904. Er hinterließ eine Ehefrau und eine erwachsene Tochter. An das Wirken Streits erinnert heute an seinem ehemaligen Wohnhaus am Theaterplatz (Nr. 4a) eine Gedenktafel.