Wir denken heute
an die Opfer von Gewalt und Krieg,
an Kinder, Frauen und Männer aller Völker.
Wir gedenken
der Soldaten, die in den Weltkriegen starben,
der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder
danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und
Flüchtlinge ihr Leben verloren.
Wir gedenken derer,
die verfolgt und getötet wurden,
weil sie einem anderen Volk angehörten,
einer anderen Rasse zugerechnet wurden,
Teil einer Minderheit waren oder deren Leben
wegen einer Krankheit oder Behinderung
als lebensunwert bezeichnet wurde.
Wir gedenken derer,
die ums Leben kamen, weil sie Widerstand
gegen Gewaltherrschaft geleistet haben,
und derer, die den Tod fanden, weil sie an
ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten.
Wir trauern
um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage,
um die Opfer von Terrorismus und
politischer Verfolgung,
um die Bundeswehrsoldaten und
anderen Einsatzkräfte,
die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.
Wir gedenken heute auch derer,
die bei uns durch Hass und Gewalt gegen
Fremde und Schwache Opfer geworden sind.
Wir trauern mit allen,
die Leid tragen um die Toten und
teilen ihren Schmerz.
Aber unser Leben steht im Zeichen der
Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern,
und unsere Verantwortung gilt dem Frieden
unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.
Sehr geehrter Herr Regierungsvizepräsident Engel
sehr geehrter Herr Dekan Kirchberger, sehr geehrter Herr Dekan Kleefeld,
sehr geehrter Herr Pastoralreferent Walta,
sehr geehrte Frau Stepak für die Israelitsche Kultusgemeinde Bamberg,
meine sehr geehrten Damen und Herren!
Mit einem Auszug aus dem Totengedenken des Bundespräsidenten begrüße ich Sie auch im Namen meiner Bürgermeistekollegen zu unserem gemeinsamen Gedenken zum Volkstrauertag 2024.
Herzlichen Dank an die Gemeinde St. Moriz, dass wir dieses Gedenken wieder in den Rahmen dieses ökumenischen Gottesdiensts begehen können.
Wir gedenken heute der Opfer der Weltkriege des 20. Jahrhunderts – aber auch derer, die in aktuellen Konflikten ihr Leben verlieren.
Jeden Tag steigt die Zahl der Toten, und wir wissen, dass auch in der Zukunft Menschen an neuen Kriegsgräbern trauern werden.
Nach Jahrzehnten des Friedens auf unserem Kontinent müssen wir erkennen, dass der Krieg, den wir für überwunden hielten, zurückgekehrt ist – in Europa, in der Welt.
Auch die Konflikte im Nahen Osten zeigen uns in aller Härte, wie zerbrechlich der Frieden bleibt.
Wir stehen hier, halten inne und stellen fest: Egal wie viel die Generationen vor uns gelitten haben, egal wie viele Menschen im Streit um Land und Werte gestorben sind:
Die Menschheit scheint nichts zu lernen. Der Kampf um Territorien ist offensichtlich so wichtig für manche Menschen, dass Menschenleben nicht mehr zählen.
Fast scheint es so, als seien wir auch im 21. Jahrhundert nicht in der Lage uns diesen Kontinent und diese Erde friedlich zu teilen, zu nutzen und gemeinsam zu erhalten.
Wie kann es sein, dass Krieg und Gewalt immer wieder ihren Weg in die Welt finden?
Das Leid, das sie mit sich bringen – das Leid unschuldiger Zivilisten, das Leid der Soldaten, die ihr Land und ihre Werte verteidigen – wie können wir es zulassen, dass es fortbesteht?
Besonders erschreckend ist es, wie Extremismus in vielen Formen auch bei uns wieder aufkeimt. Rechtsradikale Strömungen und Fanatismus aus allen Richtungen, der sich religiös oder ideologisch begründet, fordern unsere Gesellschaft heraus.
Egoismus, Ausgrenzung und Misstrauen gegenüber Fremden wachsen.
Andersdenkende oder Andersgläubige werden angegriffen. Eine aufgeheizte Stimmung lässt sachliche Debatten oft kaum zu.
Erst vor wenigen Tagen, am 9. November, haben wir der Opfer der Reichspogromnacht gedacht – jener Nacht, in der der Hass zu einem organisierten Angriff auf die Menschlichkeit wurde. Auch hier in Coburg.
Und heute sage ich erneut mit Nachdruck: Nie wieder! Nie wieder dürfen Hass und Gewalt politische Mittel sein. Nie wieder dürfen Menschen systematisch verfolgt und entrechtet werden.
Auch hier in Coburg dürfen wir nie wieder an Gräbern stehen, die neue Kriege uns aufzwangen.
Das ist unser Auftrag, unsere Verantwortung.
Doch Frieden ist kein Selbstläufer. Wir müssen aktiv werden, um unser friedliches Miteinander zu bewahren. Es reicht nicht aus, nur zu gedenken.
Wir müssen alle handeln.
Das bedeutet, die leisesten Anzeichen von Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu erkennen – und ihnen entschlossen entgegenzutreten. Wegsehen ist keine Option.
Hinsehen und aufstehen ist unsere Pflicht.
Die Erinnerung an die Vergangenheit lebendig zu halten, ist nicht nur eine Frage des Respekts gegenüber den Opfern. Sie ist der Schlüssel dazu, Fehler nicht zu wiederholen.
Denn nur wer die Geschichte kennt, kann aus ihr lernen.
Ich denke wir sind es unseren Kindern und unseren Enkeln schuldig, dass wir jetzt etwas tun, um unsere Demokratie zu verteidigen. Denn sie steht unter Druck.
Und wie schnell es passieren kann, dass plötzlich ein Mensch mit einem seltsamen Demokratieverständnis an die Macht kommt, wir sehen es aktuell in den USA.
In diesem Sinne danke ich allen, die sich für unsere Erinnerungskultur einsetzen – hier in Coburg, in Deutschland und weltweit.
Mein besonderer Dank gilt heute dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und den vielen Helferinnen und Helfern vor Ort, die dieses Gedenken möglich machen.
Und ich danke Ihnen allen, die Sie heute hier sind – um gemeinsam zu trauern, aber auch um gemeinsam ein Zeichen zu setzen: Ein Zeichen dafür, dass wir alles tun werden, um neue Kriegsgräber zu verhindern und den Frieden zu bewahren.
Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen – im Gedenken an die Opfer und im Einsatz für eine bessere Zukunft.