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Kaufhaus Fechheimer
Jüdischen Händlern gelang es in der Zeit der Industrialisierung (1871-1914), das wachsende Konsumbedürfnis der Bevölkerung zu stillen. Dazu schufen sie mit dem Kaufhaus ein neues Geschäftsmodell. Sie orientierten sich dabei an Entwicklungen in Frankreich und den USA. Vorteilhaft wirkte sich dabei für die Juden ihre frühere Tätigkeit als ambulante Händler aus. Dadurch besaßen sie überregionale Kontakte, die sie zur Beschaffung des umfangreichen Warenangebots nutzten.
Schon 1886 eröffnete im Steinweg eine Filiale des Kaufhauses H. & C. Tietz. 1891 folgte durch den Kaufmann Julius Blüth (Öffnet in einem neuen Tab) die Eröffnung des Kaufhauses Fechheimer im Haus Spitalgasse 12. Das Geschäft war von Anfang an wirtschaftlich erfolgreich. Bereits nach sechs Jahren erhielt das Kaufhaus den Hoflieferantentitel. 1905 wurde Hugo Fechheimer (Öffnet in einem neuen Tab) Teilhaber des Unternehmens. Zusammen mit seinem Schwager Julius Blüth leitete er das Kaufhaus bis Anfang 1933.
Die Nationalsozialisten hetzten früh gegen die Kaufhäuser und deren Besitzer. So agitierte 1927 die Zeitung „Der Weckruf“: „Das jüdische Warenhaus, der Ruin des deutschen Geschäftsmannes“. Schon 1929 verabschiedete die NSDAP-Mehrheit im Coburger Stadtrat eine Steuer für Warenhäuser, um den „Schutz der kleinen Geschäftsleute“ zu gewährleisten. In der Folge kam es zu zahlreichen Hetzkampagnen gegen die hiesigen Kaufhäuser und zu Sachbeschädigungen.
Nach Hitlers Machtübernahme 1933 kam es zu Boykottaufrufen gegen das Kaufhaus, das daraufhin schließen musste. Fast gleichzeitig wurde Hugo Fechheimer in „Schutzhaft“ genommen und in der sogenannten „Prügelstube“ misshandelt. Julius Blüth entging der Verhaftung durch einen Schlaganfall. Infolge der Übergriffe schloss das Kaufhaus Fechheimer seine Pforten. Deren Inhaber flohen mit ihren Familien in die Niederlande. Das Haus wurde daraufhin versteigert und kam langfristig in den Besitz des NS-Stadtrates Karl Hartung.
Kaufhaus Conitzer
Gegenüber dem Kaufhaus Fechheimer eröffnete 1903 im Haus Spitalgasse 19 eine Filiale des Firma Conitzer. Deren Leitung übernahmen die Kaufleute Max Frank (Öffnet in einem neuen Tab) und Adolf Friedländer. Mit Ihnen zog endgültig die Moderne in die Coburger Geschäftswelt ein. Das Geschäft stand für alle Gesellschaftsschichten offen, bot Waren zu günstigen Preisen an und führte das Bargeldsystem ein. Vorher wurde nur auf Rechnung gekauft und später bezahlt.
Auch die 1908 erbaute Kaufhausfassade spiegelte diese Modernität wieder. Sie orientierte sich am Kaufhaus Wertheim in Berlin. Von den vielen bildlichen Plastiken an dieser Fassade ist die Darstellung der Biene von besonderer Bedeutung. Diese steht symbolisch für den Fleiß der jüdischen Besitzer und deren wirtschaftlichem Erfolg. Zudem zeigt die Darstellung der Justitia im Giebelfeld an, dass es in diesem Haus gerecht zugehe. Antisemitische Aussagen widersprachen dem stets.
In den 1920er Jahren stand das Kaufhaus Conitzer für technischen Innovationen. 1925 zeigte man erstmals den Kunden eine Lichtbild-Reklame im Schaufenster. Gleichzeitig führte Firma als erste in Coburg die Weihnachtsdekoration zur Adventszeit ein. Auch fanden bei Conitzer die ersten Modenschauen statt. Die Verkaufsfläche umfasste mehrere Etagen, die mit einem Fahrstuhl verbunden waren.
Nach Hitlers Machtübernahme 1933 kam es zu Boykottaufrufen gegen das Kaufhaus, das daraufhin schließen musste. Fast gleichzeitig wurde Max Frank in „Schutzhaft“ genommen und in der sogenannten „Prügelstube“ misshandelt. Adolf Friedländer hatte Coburg bereits 1930 verlassen. Nach 1933 wurde Frank enteignet. Er durfte sein Geschäft nicht mehr betreten und ein Betriebsrat übernahm die Leitung. Die Firma kam daraufhin in finanzielle Probleme und wurde deshalb 1935 liquidiert. Max Frank starb 1938 infolge von Misshandlungen, die ihm in der Pogromnacht zugefügt worden waren.
Nächste Station
Seit 2022 erinnert der Ilse-Kohn-Platz in Coburg an das Schicksal der 1942 in Auschwitz ermordeten Jüdin. Ihre Geschichte steht stellvertretend für die Verfolgung jüdischer Familien in der NS-Zeit.
Über den Erinnerungsweg
Der Erinnerungsweg „Jüdisches Leben in Coburg“ erinnert in 14 Stationen an die jüdische Gemeinde Coburgs. Die Stationen erstrecken sich von der Integration in die Coburger Stadtgesellschaft Mitte des 19. Jahrhunderts bis hin zur Vernichtung nach der frühen Machtergreifung der Nationalsozialisten.
Coburgerinnen und Coburger jüdischen Glaubens waren viele Jahrzehnte Teil der Stadtgemeinschaft. Durch den Nationalsozialismus wurden die jüdische Gemeinde und ihre Mitglieder in Coburg ausgelöscht. Sie mussten fliehen oder wurden ermordet. Es liegt in unserer Verantwortung, die Erinnerung an ihr Wirken und ihr Leiden in der Stadt Coburg lebendig zu erhalten.
Der Stadtrat der Stadt Coburg hat daher 2023 beschlossen, mit einem Erinnerungsweg dem jüdischen Leben in Coburg zu gedenken. Der Erinnerungsweg wurde am 31. Juli 2025 feierlich eingeweiht.