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Dieses Gebäude diente der jüdischen Gemeinde Coburg von 1873 bis 1932 als Synagoge. Unter dem Vorsitz von Israel Masur gründeten elf jüdische Männer Anfang 1873 die Gemeinde, „um einen Friedhof und einen Ort für Gottesdienste zu erwerben“.
Das Kapelle wurde zunächst als katholische und dann als evangelische Kirche genutzt, stand einige Jahre lang leer und wurde dann an Rosch ha-Schana (jüdisches Neujahr) 1873 als Synagoge eingeweiht. Die jüdische Gemeinde kam für die Instandhaltung und den Betrieb des Hauses auf. Simon Oppenheim war von 1873 bis 1914 als Religionslehrer, Vorbeter und Prediger tätig. Hermann Hirsch übernahm diese Rolle und war von 1914 bis 1932 im Amt. Als Prediger Hirsch während des Ersten Weltkriegs als Militärpfarrer diente, kehrte Prediger Oppenheim nach Coburg zurück, um die Gottesdienste zu leiten, bis Prediger Hirsch 1917 heimkehrte. Die Rolle des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde ging 1911 von Israel Masur auf seinen Sohn Dr. Alfred Masur über.
Da in europäischen Synagogen getrennte Sitzplätze für Männer und Frauen üblich waren, fügte die jüdische Gemeinde Coburg mit Genehmigung der Stadt den Balkon und seine Außentreppe hinzu, um eine separate Galerie für Frauen zu schaffen. 1910 errichtete das Stadtbauamt zudem eine Vorhalle, über deren Eingang der Bibel-Spruch „Dies ist das Tor des HERRN“ (Psalm 118,20) angebracht wurde.
Alle Gottesdienste an Sabbaten (Schabbat) und Feiertagen fanden in diesem Gebäude statt. Die Gemeinde versammelte sich zu Abend- und Morgengottesdiensten sowie an beiden Tagen der Feste. Ein typischer Gottesdienst begann mit dem Rezitieren von Psalmen, gefolgt von Gebeten, einer Lesung aus der Thorarolle, einer Lesung aus den Propheten und weiteren Gebeten. Während des Gottesdienstes hielt der Prediger auch eine Predigt. Viele Gemeindemitglieder besaßen ihre eigenen Gebetsbücher (Siddurim) und Gebetsschals (Tallesim). Diese Gegenstände wurden häufig jungen Männern bei ihrer Bar Mitzwa (Zeremonie zur Volljährigkeit für Jungen im Alter von 13 Jahren) überreicht.
Der Tallit auf dem Foto wurde in diesem Gebäude von Horst Plessner bei seiner Bar Mitzwa im Jahr 1928 getragen.
Die Erlaubnis für die jüdische Gemeinde, dieses Gebäude zu nutzen, wurde 1932 widerrufen und die jüdischen Gottesdienste wurden in das Haus von Hermann Hirsch in die Hohe Straße verlegt.
Zusätzlich zu seinen Aufgaben in der Synagoge leitete Prediger Hirsch von 1917 bis 1935 ein Internat für jüdische Jungen, als die Schule nach der Vertreibung der jüdischen Kinder aus Coburg aus den öffentlichen Schulen aufgrund der Nürnberger Gesetze in eine jüdische Schule ohne Internat umgewandelt wurde.
Hirsch hielt die jüdischen Speisegesetze in seinem Haus und in seiner Schule ein und baute eine Sukka, eine kleine Hütte mit einem Dach aus Zweigen und Blättern, die für die Feier des Herbstfestes Sukkot verwendet wurde und die er der Gemeinde zur Verfügung stellte.
Im Jahr 1925 zählte die jüdische Gemeinde in Coburg 316 Personen. 1927 wurde ein mehrheitlich nationalsozialistischer Stadtrat gewählt. Bis 1933 lebten noch 233 Juden in Coburg, und bis 1936 waren es nur noch 161. Bei einer schrumpfenden Gemeinde müssen wir davon ausgehen, dass auch die Häufigkeit religiöser Aktivitäten abnahm. Sowohl die jüdische Schule als auch die Gottesdienste endeten mit den Angriffen in der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938.
Nächste Station
Mit der Gleichstellung im 19. Jahrhundert wurden jüdische Juristen Teil des Coburger Rechtslebens. Nach 1933 verloren sie schrittweise ihre berufliche Grundlage. Die Justiz wurde zum Instrument antisemitischer Verfolgung – auch in Coburg, wie zwei Prozesse in den 1930er Jahren zeigen.
Über den Erinnerungsweg
Der Erinnerungsweg „Jüdisches Leben in Coburg“ erinnert in 14 Stationen an die jüdische Gemeinde Coburgs. Die Stationen erstrecken sich von der Integration in die Coburger Stadtgesellschaft Mitte des 19. Jahrhunderts bis hin zur Vernichtung nach der frühen Machtergreifung der Nationalsozialisten.
Coburgerinnen und Coburger jüdischen Glaubens waren viele Jahrzehnte Teil der Stadtgemeinschaft. Durch den Nationalsozialismus wurden die jüdische Gemeinde und ihre Mitglieder in Coburg ausgelöscht. Sie mussten fliehen oder wurden ermordet. Es liegt in unserer Verantwortung, die Erinnerung an ihr Wirken und ihr Leiden in der Stadt Coburg lebendig zu erhalten.
Der Stadtrat der Stadt Coburg hat daher 2023 beschlossen, mit einem Erinnerungsweg dem jüdischen Leben in Coburg zu gedenken. Der Erinnerungsweg wurde am 31. Juli 2025 feierlich eingeweiht.